Hilfe für Tigist

Tigist und Meti
Tigist (links) und Meti

Ein besonderes Flüchtlingsschicksal

Die 40-jährige Tigist, eine Christin aus Äthiopien, war 2015 nach Deutschland geflohen. Sie landete in Lichtenfels, wo sich Maria Hollering-Hamers ihrer annahm. Tigist lernte mit deren (und weiterer Ehrenamtlicher) Hilfe nach und nach Schrift und Sprache, suchte und fand eine Wohnung und arbeitete in der Gastronomie, zuletzt in einer Großküche in Lichtenfels. In mehreren Kochabenden bzw. -kursen der Volkshochschule führte sie heimische Interessenten erfolgreich in die Geheimnisse der äthiopischen Küche ein.

Wie sie aus dieser hoffnungsvollen Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes - ohne ihr hier verdientes Geld wohl auch "ohne Not" - herausgerissen wurde, beschreibt in einer sehr emotionalen persönlichen Darstellung ihre langjährige Unterstützerin Maria Hollering-Hamers.

Am Ende weist sie auf eine von ihr ins Leben gerufene Aktion "Hilfe für Tigist" hin, an der man sich mit einem kleinen finanziellen Beitrag beteiligen kann

Die Geschichte von Tigist aus Äthiopien

Maria Hollering-Hamers
Maria Hollering-Hamers

von Maria Hollering-Hamers

Wir alle erinnern uns an das Jahr 2015, als so viele Flüchtlinge und Asylsuchende in unser Land strömten. Dazu fällt uns dann auch wieder der berühmt gewordene Satz unserer Kanzlerin ein: "Wir schaffen das!" Damals haben wir uns vielleicht noch nicht so genau gefragt, wer dieses "Wir" ist, das die immense Aufgabe schaffen musste und zum größten Teil auch geschafft hat. Es war nicht Angela Merkel und auch nicht ihre Kollegen und Kolleginnen aus den Regierungsparteien. Es waren wir, die Frauen und Männer in den Städten und Gemeinden - viele aus der öffentlichen Verwaltung wie auch ganz viele Ehrenamtliche -, die sich dieser Menschen annahmen, sie bei vielen täglichen Aufgaben unterstützten und versuchten, ihnen die Grundkenntnisse unserer Sprache zu vermitteln.

In Lichtenfels waren es auch die "Aktiven Bürger", die sich dieser Aufgabe stellten. Erfreulich war es, dass viele Menschen sich meldeten, um verschiedene Aufgaben zu übernehmen. So taten es auch mein Mann und ich. Wir fingen, unterstützt mit Lehr- und Lernmaterialien, die die „Aktiven Bürger“ uns zur Verfügung gestellt hatten an, Deutsch-Unterricht zu geben.

Bald stellte sich heraus, dass noch viele andere Unterstützungen nötig waren, um unseren neuen Mitbürger*innen zu helfen, hier bei uns Fuß zu fassen. Es ging um Post, die sie nicht entziffern konnten, um Behördengänge, die sie nicht verstanden, um Krankenversicherungen und Arztbesuche, mit denen sie allein nicht fertig wurden.

In dieser Beginn-Zeit kümmerte ich mich um zehn Personen aus Äthiopien, die Frauen Christinnen, die Männer Muslime. Diese Arbeit war schön, aber auch eine Herausforderung! Jetzt, fast sechs Jahre später, hat die Situation sich geändert. Viele dieser Menschen absolvierten Deutschkurse oder besuchten Schulen. Dann fanden sie Arbeit. Sie wurden selbstständig, etliche konnten die staatlichen Unterkünfte verlassen und eine eigene Wohnung mieten.

Die ehrenamtliche Arbeit wurde weniger intensiv, bei mir blieben aber drei Personen, die immer mal wieder meine Hilfe brauchten. Darunter war Tigist, eine vierzigjährige Äthiopierin, die nicht als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, sondern auf eine Art und Weise, die mich ein wenig an das Los der früheren Sklavinnen erinnerte.

Tigist ließ unfreiwillig ihre vier Kinder in ihrer Heimat zurück. Während der fünf bis sechs Jahre, in denen ich mich um sie kümmerte, entstand eine Art von "ungleicher Freundschaft". Ungleich, weil immer ich die Gebende war, sie die Nehmende

Ich lernte Tigist gut kennen, ihre Lebensgeschichte berührte mich sehr. Und es tat mir sehr weh, als ich eines Tages vor ca. drei Monaten erfuhr, wie sie abgeschoben wurde.

Ich bin nicht naiv, ich weiß, dass nicht alle, die damals kamen, für immer hier bleiben können. Deshalb bin ich auch nicht gegen Abschiebung an sich. Es geht für mich im Fall von Tigist um die inhumane Art und Weise, wie das geschah.


Spendenkonto

Sparkasse Coburg-Lichtenfels, Konto: Hilfe für Tigist
IBAN: DE10 7835 0000 0041 0035 34


Darstellung des Landratsamtes vom 29. Juli 2021 durch Andreas Grosch

Die Äthiopierin Tigist Godiso Mittanao hat gegenüber dem Ausländeramt nie eine freiwillige Ausreise mitgeteilt. Sie wurde von der Polizei von der Arbeitsstelle bzw. auf dem Heimweg abgeholt. Sie durfte zwei Koffer packen.

Hier eine kurze Zusammenfassung des Falles

Der Asylantrag von Frau Mitenaw wurde bereits am 08.10.2014 rechtskräftig abgelehnt. Seit diesem Zeitpunkt war die Betroffene bereits vollziehbar ausreisepflichtig. Da für Frau Mitenaw keine Ausweispapiere vorlagen, wurde die Beschaffung eines Heimreisepapieres über das Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) eingeleitet.

Frau Mitenaw wusste, dass Sie seit 2014 vollziehbar ausreisepflichtig war. Der relativ lange Zeitraum bis zur Abschiebung war lediglich bedingt durch das fehlende Heimreisepapier, dass erst im Jahr Oktober 2020 ausgestellt wurde.

Der Ablehnungsbescheid des BAMF datiert vom 21.11.2013 und wurde am 25.11.2013 zugestellt. Es wurde laut Bescheid keinerlei asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht. Gegen die Entscheidung wurde Klage beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben (und abgelehnt), der BayVGH lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Rechtskraft trat am 08.10.2014 ein. Am 13.11.2014 erfolgte Einleitung des Passersatzpapierverfahrens, seitens der äthiopischen Botschaft wurde erst zum 14.10.2019 ein Anhörungstermin festgesetzt. Frau Mitenaw hat gegenüber dem Ausländeramt nie selbst eine freiwillige Ausreise mitgeteilt. Die Abschiebung erfolgte am 23.03.2021.

Frau Mitenaw wurde von der Polizei von der Arbeitsstelle bzw. auf dem Heimweg abgeholt. Sie durfte zwei Koffer packen. (Von dem geringen Geld ihres Kontos wurde ein Teil der Abschiebekosten beglichen). Bereits im Bescheid des BAMF vom 21.11.2013 wurde mitgeteilt, dass spätestens 30 Tage nach unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens Ausreise zu erfolgen hat (somit Mitte November 2014). Frau Mitenaw hatte über sechs Jahre Zeit zur freiwilligen Ausreise, diese wäre sogar noch finanziell gefördert worden. In diesem Fall wären von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) Heimreisepapiere beschafft worden.

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